Samstag, 3. Dezember 2011

Kappadokien

Kappadokien (türkisch Kapadokya, griechisch Καππαδοκία, dt. auch Kappadozien) ist eine Landschaft in Zentralanatolien in der Türkei.

Das Gebiet, das als Kappadokien bezeichnet wird, umfasst heutzutage hauptsächlich die Provinzen Nevşehir, Niğde, Aksaray, Kırşehir und Kayseri. Einer der bekanntesten Orte ist Göreme mit seinen aus dem weichen Tuff herausgehauenen Höhlenkirchen. Göreme gilt als das Zentrum Kappadokiens, der dort befindliche einzigartige Komplex aus Felsformationen wurde von der Unesco 1985 zum Weltkulturerbe ernannt. Eine weitere Besonderheit sind eine Vielzahl unterirdischer Städte, deren bekannteste Kaymaklı und Derinkuyu sind, die von Archäologen seit den 1960er Jahren freigelegt wurden. Weitere sehr bekannte Städte sind Ürgüp und Avanos.

Durch Siedlungsspuren ist nachgewiesen, dass das Gebiet von Kappadokien schon in vorgeschichtlicher Zeit bewohnt war. Ob schon in dieser Zeit Höhlen angelegt wurden, ist nicht belegt. Wahrscheinlich ist allerdings, dass zumindest in der Bronzezeit, als die Region zum Kerngebiet des hethitischen Großreichs gehörte, die ersten Gänge und Räume als Lagerstätten und möglicherweise auch als Rückzugsmöglichkeit in den Fels gegraben wurden. In der unterirdischen Stadt Derinkuyu wurde zwar ein Handwerkzeug hethitischen Ursprungs gefunden, das aber auch in späterer Zeit dorthin gelangt sein könnte. Die früheste Erwähnung findet sich in der Anabasis von Xenophon, er spricht von Menschen in Anatolien, die ihre Häuser unter der Erde gebaut hatten.

Die Häuser waren unter der Erde, am Eingang (eng) wie ein Brunnenloch, unten aber weit. Die Eingänge für das Zugvieh waren gegraben, die Menschen aber stiegen auf Leitern hinab. In den Wohnungen fand man Ziegen, Schafe, Rinder und Federvieh nebst den Jungen derselben. (Xenophon, IV/5.25)

Zur Verteidigung und zum Schutz vor Angreifern waren unterirdische Städte gut geeignet. Die wenigen Zugänge waren durch Sträucher getarnt und somit von außen kaum erkennbar. Im Inneren bestanden sie aus einem für Außenstehende unüberschaubaren Labyrinth von Gängen, die wiederum einzeln durch meterhohe, mühlsteinartige Steine verschließbar waren. Die Steine waren so eingebaut, dass sie sich von innen relativ leicht in die Verschlussstellung rollen ließen, von außen aber nicht zu bewegen waren. Sie hatten in der Mitte ein Loch, das vermutlich als eine Art Türspion diente. In einigen Städten sind darüber in der Decke Löcher angebracht, durch die Feinde mit Speeren angegriffen werden konnten. Die Städte gingen mit bis zu zwölf (bis heute gefundenen) Stockwerken über 100 m tief in die Erde und hatten alles vorzuweisen, was für einen langfristigen Aufenthalt nötig war. In den oberen Etagen waren größtenteils Ställe und Lagerräume untergebracht, die eine konstante Temperatur von etwa zehn Grad Celsius hatten. In die Felswände waren Behälter für verschiedenste Arten von Lebensmitteln eingearbeitet, ebenso wie Mulden für Gefäße, in denen zum Beispiel Flüssigkeiten gelagert werden konnten. Weiter unten liegen Wohn- und Wirtschaftsräume, wobei wiederum Möbel wie Sitzbänke, Tische und Schlafstätten in den Stein gehauen waren. Zu den Wirtschaftsräumen zählen beispielsweise in Derinkuyu eine Weinpresse, in Kaymaklı ein Schmelztiegel für Kupfer, aber auch Zisternen und Brunnen, die bei längerem Aufenthalt die Trinkwasserversorgung sicherten. Auch ein Kerker und Toiletten waren vorhanden.

Ebenfalls in den tieferen Stockwerken befinden sich Klosterräumlichkeiten und Kirchen. Die Kirchen in den unterirdischen Städten sind eher schlicht und wenig oder gar nicht verziert. Sie haben meist einen kreuzförmigen Grundriss, manchmal mit einer oder zwei Apsiden. Malereien wie in den später entstandenen, größeren Kirchen, z. B. in Göreme, sind hier nicht zu finden. In den Nebenräumen der Kirchen sind in die Wände Grablegen eingemeißelt.

Verschlussstein in DerinkuyuUm die dort im Verteidigungsfall für bis zu sechs Monate Eingeschlossenen mit Frischluft zur Atmung, Feuerung und Beleuchtung zu versorgen, war ein komplexes, heute noch funktionierendes System von Luftschächten vorhanden. Es diente gleichzeitig als Abzug für den Rauch der Feuerstellen in den Küchenräumen.

In ganz Kappadokien sind fast 40 unterirdische Städte bekannt, von denen allerdings nur ein kleiner Teil der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde. Weitere bisher unentdeckte Städte werden vermutet. Sie sollen ursprünglich durch kilometerlange Gänge untereinander verbunden gewesen sein, allerdings konnte noch keiner dieser Gänge nachgewiesen werden. Die Schätzungen der Einwohnerzahlen der Städte divergieren stark und liegen zwischen 3.000 und 30.000. Die größte ist wahrscheinlich das noch weitgehend unerforschte Özkonak zehn Kilometer nordwestlich von Avanos mit vermuteten 19 Stockwerken und 60.000 Einwohnern, die bekanntesten und am besten touristisch erschlossenen sind Derinkuyu und Kaymakli.

Kaymaklı ist eine unterirdische Stadt in Kappadokien beim gleichnamigen Dorf in der türkischen Provinz Nevşehir. Sie ist 20 km von der Provinzhauptstadt Nevşehir entfernt.

In Kappadokien sind bis heute 36 unterirdische Städte entdeckt, von denen nur ein kleiner Teil für Besichtigungen aufbereitet ist. Das weiche und dadurch leicht zu bearbeitende Tuffgestein der kappadokischen Landschaft bietet beste Voraussetzungen für derartige Anlagen. Es wird angenommen, dass sie teilweise schon im dritten Jahrtausend v. Chr. von den Hethitern angelegt wurden. In römischer Zeit wurden sie von den urchristlichen Gemeinden ausgebaut, um Schutz vor der Verfolgung durch das römische Reich zu bieten. Sie wurden zum Teil noch 1838 als Zuflucht vor ägyptischen Truppen benutzt. Später benutzten die türkischen Bewohner die oberen, am leichtesten zugänglichen Räume als Ställe und vor allem als Lagerräume, da dort eine konstante Temperatur von sechs bis acht Grad Celsius herrscht.

Kaymaklı wurde Anfang der Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts untersucht und dem Tourismus zugänglich gemacht. Die Anlage besteht aus acht Stockwerken, von denen fünf beleuchtet und für Besucher begehbar sind. Das oberste Stockwerk, dessen Räume höher und bequemer zu begehen waren, enthält vor allem Ställe und Lagerräume. Ein komplexes System von Tunnels führt weiter abwärts, im nächsten Stockwerk befinden sich Wohnräume, man findet einige runde, meterhohe Verschlusssteine, mit denen die Gänge versperrt wurden, und eine Kirche mit zwei Apsiden. Ein skulpierter Tuffblock in der Mitte des Raumes hatte vermutlich die Funktion eines Altars. In den Nachbarräumen sind in den Wänden Grablegen eingelassen. Ein reliefierter Granitblock im dritten Untergeschoss wurde wahrscheinlich als Schmelztiegel für Kupfer benutzt. Die nächsten beiden Stockwerke enthalten Weinpressen, Depots mit Mulden für Tongefäße, in denen Lebensmittel gelagert wurden, und eine große Gemeinschaftsküche mit Herdstellen.

Da nicht nur die Bewohner der Stadt Sauerstoff verbrauchten, sondern auch die zur Beleuchtung angebrachten Fackeln, und auch für Rauchabzug von den Feuerstellen gesorgt werden musste, ist die gesamte Anlage mit einem äußerst durchdachten Belüftungssystem versehen, wobei sich die größeren Räume um die Luftschächte gruppieren. Schätzungen über die Zahl der Bewohner schwanken zwischen 3.000 und 15.000. Es soll in antiker Zeit ein Verbindungstunnel zur neun Kilometer entfernten, ähnlich großen unterirdischen Stadt von Derinkuyu existiert haben, er konnte aber noch nicht nachgewiesen werden.





Quelle: Wikipedia

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